Bericht, erstes Kriegsjahr in der Ukraine
Viktoria Dobrzhynska, das Ukrainische Vorstandsmitglied, hatte an der Migliederversammlung am 31. März 2023 diesen Bericht vorgelegt:
Der 24.02.2022 hat das Leben jeder Urkrainnerin und jedes Ukrainer auf vor und danach geteilt. Wir werden diese furchtbaren Nächte, die voll mit Sorgen, Ängsten und dem Gefühl, dass alles was passiert, doch nicht wahr sei, nie vergessen. In einem Moment wurden die Leben von Millionen Menschen verändert und zerstört. Tausende wurden getötet oder verletzt, Zehntausende haben alles verloren, Hunderttausende mussten flüchten. Jede Geschichte, die damals erzählt wurde, war eine Tragödie.
Die Leute mussten Tage und Nächte lang in ihren Kellern bleiben, ohne Hoffnung zurück nach Hause gehen zu können. Die Frauen mit Kindern, die in diesen Tagen nach Westen zu flüchten versuchten, mussten im Februar am Bahnhof am Gleis warten und übernachten, um den Rettungszug nicht zu verpassen. In einer Stunde waren alle Supermärkte und Apotheken zu (niemand arbeitete, alle waren im Keller) und die Leute sind für Wochen (bis erste humanitäre Hilfe gekommen ist) ohne Nahrungsmittel und Medikamente geblieben. In diesem furchtbaren Moment gab es im Nikolaiev Baby House (NBH) 250 Kinder, und niemand in diesem Chaos wusste, wie es mit ihnen weitergehen würde. Meiner Meinung nach haben die Krankenschwestern, die rund um die Uhr mit den Kindern geblieben sind, eine Heldentat geleistet.
Erst Ende März 2022 wurde vereinbart, dass NBH einen sogenannten grünen Korridor für 24 Stunden kriegt und die Kinder durften evakuiert wurden. In einer Nacht mussten sie einpacken (ah, was heisst einpacken, nur die wichtigsten Dokumente und ein bisschen Kleidung und Nahrung für die Kinder mitnehmen). Alle Kinder, die zurück in ihre Familien gehen konnten, wurden heimgeschickt. Andere, die nicht transportfähig waren, sind im regionalen Krankenhaus geblieben. Somit reisten nur 62 Kinder mit 15 Krankenschwestern am 26.03.2023 nach Chernovtsy. In Chernovtsy wurden sie bei einer Hilfsorganisation „City of Goodness“ untergebracht.
Darüber hat “Freunde von Svieta” genug auf der Webseite geschrieben, deswegen werde ich hier das alles nicht wiederholen, ich möchte nur sagen, dass die Lebenskonditionen für die Kinder sehr gut sind und dass sie alles Nötige haben. Es ist nicht ideal, dass die Mitarbeiterinnen dort wohnen, wo sie arbeiten. “Freunde von Svieta” war bereit ein Haus zu mieten, aber sie haben kein passendes Haus oder Wohnung gefunden und bevorzugen es, mit den Kindern zu wohnen.
Selbstverständlich wurden alle laufenden und geplanten Projekte, die mit Infrastruktur verbunden waren, bis Ende des Krieges gestoppt. Gott sei Dank bleibt das Gebäude des NBHs bis heute intakt. Wegen kräftigen Explosionen wurden nur ein paar Fenster zerbrochen, aber sonst nicht.
“Freunde von Svieta” war vom ersten Tag des Krieges hilfsbereit. So lange das Banksystemen noch funktionierte, hatten wir Geld geschickt, so dass für die Kinder notwendige Nahrungsmitteln und Pflegemitteln gekauft werden konnten.
Sobald es eine Möglichkeit gab, haben wir NBH in Chernovtsy besucht und Geld für Medikamente oder dringende Fälle gebracht.
Die Kinder bleiben wie immer die Priorität Nr.1 von “Freunde von Svieta”. Alle Kinder, die unsere Hilfe brauchten, haben sie auch unabhängig vom Krieg und der Evakuation bekommen.
Seit Februar 2022 wurde für 5 Kinder medizinische Hilfe geleistet:
Elen – Reise nach Kiev in die Uniklinik für Kardiologie zur Kontrolle nach der Herz OP.
Mykola – Reise nach Kiev in die HNO Klinik für Kinder und bekam ein Hörgerät.
Robert – Reise nach Kiev in die Kinderklinik OXMADET. Die Behandlung dauerte 1,5 Monate, 2 OPs (Gastro und Tracheostoma). Leider hat das Kind nicht überlebt und ist an den Folgen seiner angeborenen Erkrankungen verstorben.
Viktoriya – Prophylaxe der Multiple Kinder Parese.
Maxim – Reise nach Kiev in die Kinderklinik OXMADET zu Behandlung der Erkrankung der Atemwegen. OP (Tracheostoma) wurde schon geplant aber dann wurde doch entschieden, dass man momentan noch zuwartet.
Wir bedanken uns herzlich dafür, dass ihr Geld gespendet habt und dadurch ermöglicht habt, die Kinder zu retten.
Am Ende möchte ich noch ein paar Worte zum zweiten Heim für schwerbehinderte Kinder in Zurupinsk (ZuBS) sagen. Leider konnten die Kinder nicht durch die Ukraine evakuiert werden, da die Stadt in den ersten Kriegstagen schon durch die Russen übernommen wurde. Die Kinder wurden jedoch von den Russen evakuiert, nur nicht westlich sondern nach Osten. Sie befinden sich momentan im kleinen Dorf mit dem Namen Skadovsk, das etwa 100 km östlich der Frontlinie am Schwarzen Meer lieg. Direkten Kontakt mit den Kindern haben wir nicht mehr. Nur selten bekommen wir indirekte Neuigkeiten, so z.B. dass die Kinder alles Nötige haben und dass es ihnen den Umständen entsprechend gut geht.
Thun, 31.3.2023
Viktoria Dobrzhynska